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Trocken bleiben mit Baclofen
Seit 2008 gibt es Hinweise darauf, dass der Wirkstoff Baclofen alkoholkranken Menschen helfen könnte, abstinent zu bleiben. Die Cochrane Organisation hat diese Studien nun kritisch geprüft und die Ergebnisse zusammengeführt.
Eingesetzt bei neurologischen Erkrankungen
Baclofen ist ein altbekannter Wirkstoff, der zu den Muskelrelaxanzien zählt. Das heißt, dass der Wirkstoff die Muskelspannung und auch Schmerzen verringert. Baclofen erhalten vor allem Patient*innen mit neurologischen Erkrankungen, zum Beispiel Multiple Sklerose oder Verletzungen des Rückenmarks.
Baclofen im Selbstversuch
Dass Baclofen auch als Medikament bei Alkoholsucht untersucht wird, ist unter anderem einem selbst alkoholkranken Arzt zu verdanken. Er probierte das Medikament im Selbstversuch aus – mit so großem Erfolg, dass inzwischen rund 40 Studien zu diesem Thema durchgeführt wurden. Zu einem einheitlichen Ergebnis kamen die Studien allerdings bisher nicht. Einige Studien zeigten eine gute Wirkung, andere konnten keinen Effekt auf die Alkoholkrankheit nachweisen.
Weniger Rückfälle, mehr trockene Tage
Die Cochrane Organisation hat sich die verfügbaren Studien nun noch einmal vorgenommen und im Zusammenhang geprüft. 17 der Studien werteten sie dabei systematisch aus. Sie kam zu folgendem Ergebnis:
- Baclofen scheint tatsächlich dabei zu helfen, komplett trocken zu bleiben. Unter 1000 Teilnehmenden wurden mit Baclofen 710 wieder rückfällig, ohne Baclofen 816.
- Am besten hilft Baclofen, wenn alkoholkranke Menschen vorher einen Entzug machen.
- Baclofen hilft außerdem dabei, weniger zu trinken oder an weniger Tagen zu trinken.
- Allerdings kann Baclofen auch Nebenwirkungen verursachen, zum Beispiel Müdigkeit, Missempfindungen auf der Haut, Schwindel und Muskelkrämpfe.
Nicht untersucht wurde, ob Baclofen besser oder schlechter wirkt als andere Medikamente gegen Alkoholsucht.
Auch kritische Stimmen
In Deutschland ist der Wirkstoff nicht zur Behandlung gegen Alkoholsucht zugelassen. Ärzt*innen können Baclofen zwar verordnen, müssen das aber gut begründen – und andere, schon zugelassene Wirkstoffe eigentlich bevorzugt verschreiben. Fachleute empfehlen außerdem ganz prinzipiell, Medikamente gegen Alkoholsucht nur innerhalb eines umfassenden Gesamtkonzepts einzusetzen. Es besteht unter anderem die Befürchtung, das Suchtmittel Alkohol würde anderenfalls nur gegen einen anderen „Stoff“ ausgetauscht.
Quellen: www.wissenwaswirkt.org, Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V.
Wie ADHS-Medikamente langfristig helfen
ADHS-Medikamente wirken einerseits, indem sie akute Beschwerden lindern. Sie haben darüber hinaus aber auch langfristig einen positiven Einfluss auf das Leben der Betroffenen, wie neue Daten zeigen. So senken einige von ihnen das Risiko für Klinikaufenthalte und Selbstmordversuche.
Langfristige Effekte bisher wenig bekannt
Wer heute unter einer Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leidet, hat mehrere medikamentöse Behandlungsoptionen: So stehen stimulierende (Amphetaminderivate und Methylphenidat) und nicht-stimulierende Wirkstoffe (Atomoxetin) zur Verfügung. Sie können die übermäßige Aktivität lindern und das Konzentrationsvermögen bessern. Bisher war aber unklar, ob diese Medikamente auch einen positiven Einfluss auf die Gesamtsituation der Erkrankten haben, zum Beispiel auf das (spätere) Arbeitsleben. Zudem gab es die Hypothese, dass stimulierende Medikamente womöglich das Risiko für Suizidversuche erhöhen.
Eine schwedische Arbeitsgruppe hat sich dieser Fragen angenommen und die Krankheitsdaten von allen Personen in Schweden analysiert, die mit der Diagnose ADHS registriert waren. 71% der Patient*innen waren jünger als 30 Jahre, 55% männlich. Auf häufigsten nahmen sie Methylphenidat ein, gefolgt von Lisdexamphetamin und Atomoxetin.
Weniger Klinikaufenthalte
Ein Viertel der ADHS-Patient*innen musste im Laufe der Erkrankung in eine psychiatrische Klinik aufgenommen werden. Im Vergleich zu denjenigen, die gar keine Medikamente einnahmen, verringerte Atomoxetin das Risiko für eine Klinikaufnahme um 26%. Methylphenidat tat dies um 7%, Lisdexamphetamin um 12%. Wurden mehrere Präparate kombiniert, sank das Risiko um 15%.
Von den zu Beginn der Studie arbeitsfähigen Erkrankten wurden 30% über die Jahre krankgeschrieben oder verrentet. Im Vergleich zu Personen ohne Medikation reduzierte Atomoxetin dieses Risiko um 15%. Bei Menschen unter 30 Jahren verringerte auch Methylphenidat die Wahrscheinlichkeit, arbeitsunfähig zu werden, und zwar um 12%. Alle anderen Medikamente zeigten keinen Zusammenhang mit der Arbeitsfähigkeit. Wurden mehrere ADHS-Präparate kombiniert, stieg das Risiko für Krankschreibungen und Verrentung dagegen an.
Suizide verringert
ADHS-Betroffene haben auch ein erhöhtes Risiko für Suzide und Suizidversuche. In dieser Untersuchung wurde bei 5% der ADHS-Patient*innen ein solches suizidales Verhalten festgestellt. Amphetamine reduzierten das Risiko für Suizide und Suizidversuche um 30%, Methylphenidat um 8%. Atomoxetin dagegen erhöhte es um 20%. Das könnte nach Einschätzung der Studienautor*innen jedoch ein Artefakt, also ein Verzerrungseffekt, sein. Da Atomoxetin keine stimulierende Wirkung hat, wurde es womöglich bevorzugt bei Patien*innten mit ohnehin erhöhtem Suizidrisiko eingesetzt.
Quelle: Springer Medizin